Wie kommt ein Nashorn in ein Buch?

Autorin Jeannine Meighörner nimmt die dritten und vierten Klassen der Grundschule Lustadt mit auf eine faszinierende Reise in die Welt der Nashörner und erzählt von der Entstehung ihres neuen historischen Romans Die silberne Riesin, in dessen Mittelpunkt das Nashorn Clara steht, das als Schauobjekt zur Zeit Maria Theresias durch ganz Europa reiste.

Autorenlesungen haben an der Grundschule Lustadt eine lange Tradition. Deshalb freute sich Lehrerin Alexandra Schaaf-Dörner („Lesefee“ und Hüterin der Schülerbücherei der Schule) am Freitag, dem 14. Oktober 2022, ganz besonders, nach langer Coronapause wieder einen Vorlesegast in der Schule begrüßen zu dürfen.

 

 

Hierbei handelte es sich um die Autorin Jeannine Meighörner aus Innsbruck, die auf ihrer Vorlesereise durch die Südpfalz Station an der Grundschule Lustadt machte. Frau Meighörner, gebürtige Germersheimerin, ist in Deutschland und Österreich bekannt für ihre historischen Romane über Frauengestalten der Geschichte.

Ihr neuer Roman (Die Silberne Riesin) ist jedoch dem Leben eines historischen Tieres gewidmet: Clara, ein indisches Panzernashorn reist mit seinem Besitzer, einem holländischen Kapitän, durch das Europa des Spätbarock (zu Lebzeiten von Mozart, Voltaire und Maria Theresia) und wird von gekrönten Häuptern und dem einfachem Volk gleichermaßen bestaunt und – nach heutigen Maßstäben – wie ein Medienstar gefeiert.

Im ersten Teil der Veranstaltung schilderte Frau Meighörner in einer Power-Point- Präsentation, was sie bei der Vorbereitung zu ihrem Roman über das archaische Tier herausgefunden hat. Die Kinder lernten interaktiv den Unterschied zwischen afrikanischen und indischen Nashörnern kennen und erfuhren viel über die Lebensweise der sanftmütigen Pflanzenfresser, die, wenn sie sich oder ihre Babys bedroht fühlen, mit bis zu 2 Tonnen geballter Muskelkraft auch einmal einen Jeep „flachlegen“.

Nashörner haben wenige Feinde in der Tierwelt, ihre größte Bedrohung geht von Menschen aus, die Jagd auf die Tiere machen, um ihr Horn zu erbeuten, dem besondere Heilkräfte zugeschrieben werden. Auf dem Schwarzmarkt wird es höher gehandelt als Gold. Organisierte Wilderei hat dazu geführt, dass heute nur noch ca. 3000 Tiere auf unserem Planeten leben. Nashörner stehen unter Artenschutz. 

Zwei Jahre lang hat Frau Meighörner geforscht, lebende Nashörner in Zoos besucht, mit Experten gesprochen und historische Dokumente über das Nashorn Clara studiert, bis sie mit dem eigentlichen Schreiben beginnen konnte. Nun galt es, ihren Verlag zu überzeugen, dass das Thema markttauglich ist – auch für eine renommierte Schriftstellerin keine leichte Aufgabe. Doch der Funke sprang über, das Buch wurde angenommen, der Text lektoriert, gedruckt und gelangte schließlich in die Regale der Buchhandlungen.

Spätestens nach diesem Einblick war den Jungen und Mädchen im Publikum klar, dass das Schreiben von Büchern eine langwierige und schweißtreibende Angelegenheit ist und viel Ausdauer und Disziplin verlangt. Das ist nicht immer lustig und jeder Schriftsteller muss sich tagtäglich selbst motivieren, um bis zum Ende durchzuhalten. Aber das letzte Wort spricht der Leser. Wenn das Buch nicht gekauft wird, war die ganze Arbeit nahezu umsonst. Auch dieses Risiko muss ein Autor aushalten können.  

Im dritten Teil der Veranstaltung kam die Silberne Riesin nun selbst zu Wort. Frau Meighörner las ihrem neugierig gewordenen Publikum ihre ganz persönliche Lieblingsszene vor. Die „Kaputtmachszene“. Clara, deren Mutter von Wilderern getötet worden war, wurde bei ihrem ersten Besitzer wie ein Haustier gehalten. Das zahme Nashornmädchen war eine unterhaltsame und friedliche Hausgenossin und durfte sogar bei Teegesellschaften dabei sein – jedenfalls bis zu dem Tag, an dem das Tier erschreckt wurde, sich bedroht fühlte – und mit Nashornpower in Minutenschnelle den Salon und die Porzellansammlung des Hausherrn zerlegte. Der legendäre Elefant im Porzellanladen hätte es nicht besser machen können. Die jungen Zuhörer applaudierten begeistert.  

„Und deshalb“, meinte Frau Meighörner lächelnd, „sollte man auch ein zahmes Nashorn nie zum Tee einladen.“

 

An dieser Stelle sei dem Förderverein der Grundschule gedankt, der durch sein großzügiges Sponsoring die Veranstaltung möglich gemacht hat.

(Petra Gosewinkel)