Im Verschiedenen das Gemeinsame erkennen

Informationsveranstaltung zur Einführung des Islamischen Religionsunterrichtes (IRU) für Klasse 1-4 an der Grundschule Lustadt im Schuljahr 2020/2021

 

Am Abend des 4. Februars 2020 versammelten sich Eltern und Lehrkräfte der Grundschule Lustadt in der Turnhalle der Schule, um die Gelegenheit zu nutzen, sich über die anstehende Einführung eines Islamischen Religionsunterrichtes (IRU) in deutscher Sprache zu informieren.

 

Schulleiter Ulf Schlenker wünschte allen Anwesenden einen interessanten, informationsreichen Abend mit den anwesenden Experten. Vor Einführung des Islamischen Religionsunterrichtes sollte der Schulgemeinschaft ausreichend Gelegenheit gegeben werden, alle anstehenden Fragen rund um das neue Unterrichtsfach zu beantworten.

 

 

Das Expertenteam setzte sich zusammen aus Christiane Müller, Schulleiterin der Grundschule Pfingstweide Ludwigshafen, in der das Pilotprojekt IRU seit 2004 erfolgreich umgesetzt wurde. Frau Müller ist zudem direkte Ansprechpartnerin der jeweiligen IRU-Lehrerin und an der Organisation des IRU-Netzwerkes und regelmäßiger Fortbildungsveranstaltungen beteiligt.

Schulrätin Marion Poh und Stefanie Hartmann vertraten die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD). Von muslimischer Seite waren Ender Yavas, Lehrer für IRU in Alzey und Worms sowie Ayhan Aydinli, Vorsitzender des christlich-islamischen Gesprächskreises (CiG Ludwigshafen) zur Veranstaltung angereist.

Im Publikum saß Selma Ulusu, den Eltern als Lehrerin für Muttersprachlichen Unterricht bekannt, die in einem berufsbegleitenden drei-semestrigen Studium an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe den Abschluss für Islamischen Religionsunterricht erworben hat.

Selma Ulusu unterrichtet derzeit IRU an der Eduard-Orth-Grundschule in Germersheim und steht auch für den künftigen Islamischen Religionsunterricht an ihrer Stammschule Lustadt zur Verfügung.

Schulleiterin Christiane Müller erläuterte kurz die Merkmale des Islamischen Unterrichts, der an Schulen, deren Elternschaft einen diesbezüglichen Antrag an die ADD gestellt haben, angeboten werden kann, wenn mindestens zehn Schüler zum IRU angemeldet werden.

IRU ist ein ordentliches Schulfach, wie Ethik, katholische und evangelische Religion und findet auch im gleichen Zeitband am Vormittag statt. Die Unterrichtssprache ist Deutsch. Eine koranorientierte Umsetzung der Inhalte, die keine muslimische Gruppierung besonders berücksichtigt, ist durch die Ausbildung der IRU-Lehrerpersonen und die Schulaufsicht gewährleistet.

Die Lehrkräfte kommen aus dem Kreis muslimischer Grundschullehrerinnen und Grundschullehrern mit guten Deutschkenntnissen. Sie verfügen alle über eine akademische Qualifikation und die durch die muslimischen Ansprechpartner (Christlich-Islamischer Gesprächskreis und IGRA Ludwigshafen) verliehene Lehrberechtigung „Idschaza“, die der katholischen „Missio“ und der evangelischen „Vocatio“ entspricht.

Die ADD führt die Dienstaufsicht und entscheidet über den Einsatz der Lehrpersonen

 

In Zusammenarbeit mit den muslimischen Ansprechpartnern wurde der Teilrahmenplan „Islamischer Religionsunterricht“ entwickelt, der von allen Interessierten auf der Internetseite www.religion.bildung-rp.de eingesehen und auch heruntergeladen werden kann.

 

 Der Teilrahmenplan setzt sich aus drei großen Themenbereichen zusammen:

 

Ø Grundkenntnisse des Islam

Ø Leben als Muslim

Ø Interrelgiöser Dialog

 

Besonders der letzte Bereich spielt eine große Rolle im IRU, da, wie Frau Müller und Herr Yavas betonten, die Jungen und Mädchen in die Lage versetzt werden sollen, „auf Augenhöhe“ in einen altersgemäßen interreligiösen Austausch mit ihren Klassenkameraden zu treten.

Das Kennenlernen der eigenen Religion stärkt nicht nur die religiöse Identität, sondern auch das Verständnis für Gemeinsamkeiten und Besonderheiten anderer Religionen – und den erforderlichen Respekt voreinander.

Auf diese Weise ist der IRU ein weiterer Baustein im schulischen Beitrag zur Integration und dem friedlichen Miteinander der Kinder aus unterschiedlichen Herkunftsländern.

Besonders das gemeinsame Feiern religiöser Feste, der Besuch der Gottes- und Gebetshäuser, das Kennenlernen religiöser Rituale fördern, so Lehrer Ender Yavas, das gegenseitige Verständnis und den Abbau unbegründeter Vorurteile.

Durch den Unterricht in deutscher Sprache erfahren die muslimischen  Jungen und Mädchen ein vertieftes Verständnis für die koranarabischen Begriffe und Formeln, mit denen sie tagtäglich umgehen.

Sie können ihren Mitschülerinnen und Mitschülern, die anderen Religionsgruppen angehören, in der gemeinsamen Unterrichtssprache erklären, wie ihre Religion „funktioniert“ und welche Schwerpunkte sie setzt.

Über die gemeinsamen Propheten (Abraham- Ibrahim, Moses-Musa, Josef-Jusuf….u. a. m. bis hin zu Isa – Jesus) kommen die Kinder leicht miteinander ins Gespräch, entdecken das Gemeinsame ebenso wie das Trennende  – und lernen, es zu respektieren.

In der abschließenden Fragerunde wurden Detailfragen zur Durchführung des Unterrichtes geklärt (Wann findet der Unterricht statt? Gibt es Noten? Wie sehen die Lehrbücher aus? Gibt es eine Weiterführung des IRU nach der Grundschule?)

 

Bei der Beantwortung der letzten Frage erinnerten Frau Poh und Frau Hartmann von der ADD daran, dass die Einführung eines IRU an weiterführenden Schulen grundsätzlich möglich ist, wenn sich auch hier Eltern um eine Antragstellung bemühen – auch wenn die organisatorische Umsetzung für die betreffenden Schulen u.U. eine Herausforderung darstellt.

„Der Islamische Religionsunterricht ist eine Bereicherung für die Kinder“, lautete das Schlusswort von Ender Yavas, das von den anwesenden Experten ausnahmslos bestätigt werden konnte.

In den nächsten Tagen wird die Grundschule Lustadt eine Elternanfrage starten, in der muslimische Eltern ihre Kinder zum Islamischen Religionsunterricht anmelden können. Zur Einführung des IRU-Unterrichtes sind mindestens zehn Anmeldungen erforderlich.

 

(Petra Gosewinkel)